Der Steilwall - Die Chance mit geringem
Platzverbrauch eine begrünbare Lärmschutzeinrichtung zu schaffen
Definition des Begriffes Steilwall
Unter einem Steilwall wird ein längliches,
bepflanztes Erdprisma verstanden, das den von einer Straße ausgehenden
Schall daran hindert, ungemindert auf direktem Wege in einen vor Lärm zu
schützenden Raum zu gelangen. Wegen des Einsatzes künstlicher
Stützkonstruktionen ist die Neigung der Seiten des Erdprismas wesentlich
steiler, als die durch die Scherfestigkeit des eingebauten Bodens bestimmte
natürliche Böschungsneigung. (in Anlehnung an KRELL, 1980)
Aus Gründen der Platzersparnis entwickelte
man in den 60er und 70er Jahren die ersten Steilwälle. Er ist eine
Weiterentwicklung
a) aus dem Erdwall, mit einer maximalen Böschungsneigung von 1: 1,5 und
b) der Krainerwand, also einem Element aus der Ingenieurbiologie, mit dem
man
versucht extreme Böschungsneigungen zu stabilisieren.
So rechnet man überschlägig, dass ein Steilwall 25% der Fläche eines
Erdwalles benötigt. Es sind aber auch schon wesentlich steilere
Konstruktionen auf dem Markt.
Ein Steilwall besteht im allgemeinen aus einer Wurzelraumzone, außen und
einem Erdkern im Inneren.
Anforderungen und Aufgaben eines Steilwalles
Für die Zulassung eines Steilwalles als
Lärmschutzbauwerk ist ein schallschutz-technischer Prüfbericht erforderlich,
sowie der Nachweiß der Standsicherheit gemäß ZTV-Lsw 88 und DIN 1054 / 1055.
Der schallschutztechnische Prüfbericht für
Steilwälle ist zwar vorgeschrieben, aber im Gegensatz zu Lärmschutzwänden
nicht normiert, was einen großen Nachteil für die Vergleichbarkeit
darstellt. Ein vegetationstechnischer Tauglichkeitsnachweis ist ebenfalls
nicht notwendig, deshalb besteht bei vielen Konstruktionen eine große
Diskrepanz zwischen den eindrucksvoll begrünten Schaubeispielen im
Werbeprospekt und den Anwendungsbeispielen in der Realität.
Die schalltechnische Anforderungen:
Ein Steilwall erbringt aufgrund seiner großen Masse mit einem Flächengewicht
>40kg/m² die Anforderungen zur Schalldämmung gemäß ZTV-Lws 88. Es ist keine
Laborprüfung notwendig.
Die weitere Einteilung der Steilwälle nach
dem Grad der Schallabsorbtion richtet sich nach der
Oberflächenbeschaffenheit der Stützkonstruktion.
Wichtig für die Einteilung sind:
1. Der Anteil an schallharter Oberfläche, dieser Anteil sollte möglichst
gering sein.
2. Strukturierung der Oberfläche, durch Unebenheit oder Längstrillen.
Unstrukturierte Oberflächen besitzen einen höheren Grad der Reflektion.
3. Rauhigkeit der Oberfläche; es gilt, je rauher die Oberfläche, desto höher
der Grad
der Absorbtion.
Insgesamt ist es ein gravierender Mangel,
dass es für Steilwälle kein verbindliches genormtes Untersuchungsverfahren
gibt zur Festlegung des jeweiligen Grades der Schallabsorbtion, da so die
Vergleichbarkeit der Systeme wesentlich schwieriger ist, als z.B. bei
Lärmschutzwänden.
Vegetationstechnische Anforderungen:
Es gibt überhaupt kein Prüfverfahren, das die Vegetationstauglichkeit
überprüft. Hier wird ausschließlich auf die regulativen Kräfte des Marktes
vertraut, was zur Folge hat, das nur sehr wenige Steilwälle errichtet werden
und sehr viel mehr Lärmschutzwände (vgl. Kap.2.5).
Dieses Manko ist schon so alt wie der
Lärmschutzwall selber, 1979 schreibt z.B. KRELL: "Da derzeit die Meinung
noch darüber auseinander gehen, ob die gewünschten (Zier-) Pflanzen auf oder
in Steilwällen ohne laufende künstliche Bewässerung auskommen, (...), sollte
vor der Entscheidung für ein bestimmtes Steilwallsystem die Frage geprüft
werden, ob u.U. eine Schallschutzwand mit beidseitiger Vorpflanzung, eine
zweckmäßigere Lösung darstellt."
Etliche Systeme werden den weiteren Aufgaben
der Steilwälle nicht gerecht, nämlich die fahrbahnnahe, artenreiche
Begrünung und Eingliederung in die Umgebung sicherzustellen.
Der Steilwall ist auch ein Instrument mit
dem man, mit geringem Platzverbrauch, Planungsfehler, wie die Nichtbeachtung
des Lärmschutzes, nachträglich im Rahmen der Lärmsanierung korrigieren kann,
ohne die Anwohner zusätzlich zu belästigen, wie es bei einer Lärmschutzwand
häufig der Fall ist.
Der Minimumfaktor Wasser und wie man seine
Verfügbarkeit optimiert
Verhältnis Basisbreite / Verdunstungsfläche
Für einen Erdwall mit Regelböschung ergibt sich bereits ein ungünstiges
Verhältnis von Basisbreite zu Verdunstungsfläche. Es ergeben sich 20% mehr
Verdunstungsfläche, dieses Faktum ist für eine Reihe Pflanzen schon Ursache
für ihr Nichtgedeihen am Erdwall.
Beim Steilwall wird dieses Missverhältnis
noch verstärkt. Je steiler er errichtet wird, um so größer wird das
Missverhältnis. Es sind schon Steilwälle auf dem Markt mit einem
Neigungswinkel von 80° - 85°. Allgemein geht man heute davon aus, dass eine
Begrünung ohne zusätzliche Bewässerung im Optimalfall bis 70° möglich ist.
Wasseraufnahme
Es muss unterschieden werden zwischen Systemen mit horizontaler
Regenaufnahmefläche und Systemen mit schräger Regenaufnahmefläche. Der
größte Teil der angebotenen Systeme besitzt aus schalltechnischen Gründen
schräge Regenaufnahmeflächen. Dies ist vegetationstechnisch beurteilt ein
großer Fehler, denn bei schräger Regenaufnahmefläche kann nur ein Bruchteil
der tatsächlichen Regenmenge vom Boden aufgenommen werden, der Rest fließt
ungenutzt als Oberflächenwasser ab. Entscheidend ist dieses Manko bei
Starkregenereignissen im Sommer, wenn nach ausgedehnten Trockenphasen ein
Starkregenereignis folgt und die ausgedörrte schräge Regenaufnahmefläche nur
einen geringen Teil der Regenmenge aufnehmen kann.
Bei horizontaler Regenaufnahmefläche hingegen kann langsam die gesamte
Regenmenge aufgenommen werden und die Pflanzung kann die nächste
Trockenperiode besser überstehen.
Wasserspeichervermögen
Dieses hängt in erster Linie natürlich vom verwendeten Substrat ab, dazu in
Kap. 3.5 mehr. Aber auch von der Größe des Wurzelraumvolumens, denn ein
geringes Wurzelraumvolumen bedeutet auch geringeres Wasserspeicherpotential.
Gut für die Pflanze ist der direkte Anschluss an den Erdkern, sodass sich
die Wurzeln dorthin orientieren können. Ebenso wichtig ist aber ein genügend
großes Wurzelraumvolumen direkt unterhalb der Pflanze, denn das dort
gespeicherte Wasser kann durch die Kapillarkräfte direkt zur Pflanzenwurzel
transportiert werden. Die Kapillarkräfte wirken nämlich fast ausschließlich
vertikal und nur zu einem geringen Anteil horizontal.
Systeme mit schräger Regenaufnahmefläche besitzen einen ungünstigeren Winkel
zur Sonne, und es ergibt sich eine höhere Verdunstung, als bei Systemen mit
horizontaler Regenaufnahmefläche. Dies wiederum führt zu einer geringeren
Wasserspeicherung.
Durch die starke Austrocknung bzw. den geringen Wassergehalt in
Erdsubstrat, kommt es im Steilwall zu größeren Temperaturschwankungen, als
in der Umgebung, was zu erheblichen Problemen bei einer dauerhaften
Bepflanzung führen kann.
Mulchung
Erhöht wird die Wassserspeicherkapazität auch durch Mulchung, aber auch hier
sind Systeme mit schräger Regenaufnahmefläche benachteiligt, weil der Mulch
häufig erst durch die Zugabe von Klebstoff hält und das erhöht natürlich die
Herstellungskosten. Durch eine Mulchung wird ebenfalls unerwünschte
Wasserkonkurrenz in Form von auflaufenden Wildkräutern unterdrückt. Zur
Mulchung werden heute oft Holzhächsel oder Baumrinde verwendet. Durch diese
Mulchmaterialien erhöht sich für die Pflanzung die Gefahr einer Infektion
mit Schwächeparasiten, gerade Pflanzungen in Extrempositionen mit negativer
Disposition sind diesbezüglich als anfällig anzusprechen. Es ist also
jeweils eine Abwägungssache, ob mit diesen Materialien gemulcht wird.
Künstliche Bewässerung
Viele Steilwallanbieter übersehen die vorgenannten vegetationstechnischen
Grundsätze. Das Ergebnis sind nicht begrünbare, technische Bauwerke. Der
nächste Schritt ist dann der Einbau von künstlichen Bewässerungsanlagen.
Diese sind teuer, pflegeintensiv (Pflanzenwurzeln wachsen in die
Bewässerungsschläuche und verstopfen diese) und bewässern zudem die Anlage
noch unregelmäßig, so dass es zu zahlreichen Kahlstellen kommt
(SCHEER,1993/1).
Letztlich muss auch die Frage gestellt werden, ob es ökologisch noch
vertretbar ist, Wasser oder gar Trinkwasser zur ständigen künstlichen
Bewässerung von Lärmschutzanlagen zu verwenden.
Unterschiede in der Begrünbarkeit durch die
Ausrichtung des Steilwalles
Wesentliche Bedeutung für die Schwierigkeit
der Begrünung eines Steilwalles hat die Exposition desselben zur Sonne.
Südexposition:
Die schwierigste Exposition stellt die Südexposition dar. Hier ist die
höchste Sonneneinstrahlung, d.h. die höchste Verdunstungsrate. Die Pflanzen
sind an dieser Exposition der größten Temperaturamplitude ausgesetzt, sowohl
über den Tag, wie auch über das Jahr betrachtet. Auch die Gefahr einer
winterlichen Verbrennung/Austrocknung ist an der Südexposition am größten.
Ostexposition:
Das größte Problem dieser Exposition ist der häufige Regenschatten in
unseren Breiten mit überwiegend Westwinden. Auch besteht eine große Gefahr
im winterlichen Austrocknen durch die Winter-Morgensonne. Zu ihrem Vorteil
liegt sie oft im Windschatten, was ihre Verdunstungsrate herabsetzt
Westexposition:
Diese Exposition ist deutlich leichter zu begrünen, da sie besser mit
Niederschlägen versorgt ist, als die Vorgenannte und ein günstigeres
Beschattungsinterwall besitzt. Andererseits ist sie ungeschützt den häufigen
Westwinden ausgesetzt, was die Verdunstung erhöht.
Nordexposition:
Die kühlste und schattigste Exposition ist auch die am leichtesten zu
begrünende Exposition, mit der kleinsten Temperaturamplitude und der
geringsten Verdunstungsrate. Sie ist für eine große Anzahl von Pflanzen
allerdings zu schattig und kühl.
Wallkrone:
Ebenfalls für erhebliche Probleme bei der Begrünung eines Steilwalles sorgt
immer wieder die Wallkrone. Sie ist allen Sonnenstrahlen und Winden
ausgesetzt und besitzt gleichzeitig bei einigen Systemen das geringste
Wurzelraumvolumen.
Es gibt aber auch Systeme, bei denen
ausschließlich die Wallkrone über ausreichend Wurzelraumvolumen und
Regenaufnahmefläche verfügt.
Substrate für Extremstandorte
Substrate für Extemstandorte, wie sie der
Lärmschutzwall darstellt, müssen besonderen Kriterien genügen. Sie müssen
raum- bzw. strukturstabil sein, d.h., sie dürfen weder durch Frost,
Erschütterungen, organische Abbauprozesse oder andere Einwirkungen ihre Form
verlieren, indem sie absacken, verschlämmen, verkrusten oder verhärten. Sie
müssen über eine gute Wasserbenetzbarkeit und gute Wasserspeicherung
verfügen. "Das Niederschlagswasser sollte gut in den Kern abgeleitet und von
dort wieder gut verfügbar nachgeliefert werden können. Das Substrat muss
gegensätzliche Anforderungen erfüllen: zum einen Wasser speichern, zum
anderen auch für Wasser durchlässig sein." (BEISCHL, 1994)
Bischoff schreibt dazu 1989, "(...) Ein
stärkeres Wasserspeichervermögen des Substrates ist deshalb (angesichts des
begrenzten Wurzelraumes) erforderlich, etwa durch den Einsatz von Torf,
Kompost, Rindenkompost oder Hygromull; oder aber durch die Verwendung von
feinteilreichem Boden."
In den 80er Jahren gab es eine Reihe von
Versuchen mit organischen Bodenverbesserungsmitteln. Diese erwiesen sich
allesamt als nicht strukturstabil. Es kam zu starken Sackungen und
Wurzelabrissen. Auch die Wiederbenetzbarkeit dieser Mittel nach Austrocknung
ist sehr gering.
Mit feinteilreichem Boden wurde bisher
ungern gearbeitet, da dieser zum Verschlämmen neigt und der
Bearbeitungszeitpunkt genau beachtet werden muss.
Heute werden die Versuche mit Blähton,
Blähschiefer oder vulkanischen Gestein gemacht. Diese scheinen Erfolg
versprechender. Die Ergebnisse bleiben abzuwarten und in der Praxis wird
auch der Kostenfaktor eine entscheidende Rolle spielen.
Außerdem muss ein Substrat zur
Steilwallbegrünung erhöhte Pufferungseigenschaften aufweisen gegen
Auftausalze, Schwermetalle und andere Belastungen durch den Autoverkehr.
Schwarz kommt 1994 zu der Aussage
"Substrate, die allen Anforderungen entsprechen sind Wunschvorstellungen.
Das Idealsubstrat wird nur sehr schwer realisierbar sein. Man könnte sich
vorstellen, dass ein optimales Substrat folgendermaßen zusammengesetzt ist:
50% feste, nicht zersetzbare Anteile und 50% Porenanteil, davon je zur
Hälfte als Wasserspeicher und als Luftporen ausgebildet. Daneben soll es für
die Verwendung in Steilwällen entsprechende Nährstoffversorgung, sowie
Pufferungsvermögen aufweisen und unkrautfrei sein, um nur einige
Eigenschaften zu erwähnen. (...) Exakte Rezepturen zu Substratmischungen und
deren Auswirkungen sind derzeit wegen mangelnder Forschungsergebnisse auf
dem Gebiet "Substrat-Steilwallbegrünung" nicht greifbar."
Zu den gleichen Aussagen kommt auch
Kiermeier und resümierend fasst er zusammen, dass die Substratfrage
eigentlich ungelöst sei.
Der Nährstoffgehalt im Substrat
In der Literatur und Forschung gibt es zu
diesem Thema noch weniger Hinweise oder Ergebnisse, als zum Thema Substrat.
Um über den Nährstoffgehalt Aussagen treffen
zu können, muss man zunächst das Pflanzenziel festlegen, d.h. welcher Art
und Erscheinung sollen die Pflanzen sein. Hilfreich ist es auch
festzustellen, welcher Standort dem Standort Steilwall am meisten ähnelt,
hieraus können gegebenenfalls Parallelen gezogen werden.
Am nächsten in Bezug auf Standort und
Pflanzenziel kommt dem Steilwall die extensive Dachbegrünung. In beiden
Fällen stellt der Faktor Wasser den Minimumfaktor dar. Erwünscht sind
jeweils keine mastigen Pflanzen, sondern gedrungene, tockenheitsresistente
und frostharte Pflanzungen.
Beim Standort Steilwall kommt zusätzlich
noch die Umweltbelastung hinzu, diese wird aber am besten von Pflanzen
bewältigt, die optimal auf die vorgenannten Faktoren eingestellt sind.
Außerdem ist bei beiden Standorten ein
strukturstabiles Substrat gewünscht mit Fähigkeiten der Wasserspeicherung,
wie auch der Wasserdurchlässigkeit.
Aus diesen Kriterien lässt sich ableiten,
dass eine mäßige Versorgung mit Stickstoff sinnvoll erscheint, um zu
mastigen Pflanzenwuchs zu verhindern. Zur Stärkung der Vitalität und
Frostresistenz ist eine gute Versorgung mit Phosphor und Kalium anzustreben,
neben Kalium ist auch die Versorgung mit Calcium zur Erhöhung der
Trockenheitsresistenz wichtig.
Damit es aber langfristig zu einem
ausgewogenen Nährstoffhaushalt und hinreichendem Pufferungsvermögen kommt,
ist die Bodenstabilisierung von besonderer Bedeutung. Auf sie haben die
Nährstoffe Phosphor, Calcium und Magnesium nachhaltigen Einfluss.
Die Pflanzenauswahl am Steilwall - Kriterien
und Beispiele
Bei der Pflanzenauswahl ging man jahrelang
von falschen Voraussetzungen aus. Aufgrund der Entwicklung des Steilwalles
aus der Böschungssicherung, legte man die Kriterien der Ingenieurbiologie
bei der Pflanzenauswahl zugrunde: Aufnahme überschüssigen Wassers, schnelle
Bewurzelung, Festlegung instabilen Materials, Verhinderung von Erosion und
Elastizität gegen hohe mechanische Beanspruchung. Genau betrachtet sind aber
diese Kriterien hier nicht relevant. Schnell und starkwüchsige Pflanzen sind
am Steilwall sogar unerwünscht
Einige Anbieter vegetativer Lärmschutzwände
versuchen weiterhin mit großen Salix-Arten oder Grasmatten eine Begrünung
durchzusetzen. Dies ist sehr kostenintensiv und dabei noch artenarm. Es
setzt eine künstliche Bewässerung voraus und einen regelmäßigen Rückschnitt.
Die positiven Ergebnisse dieser Arbeiten halten sich insgesamt betrachtet in
Grenzen.
Die aktuelle Forschung auf dem Gebiet der
Pflanzenauswahl am Steilwall setzt deshalb auch andere Zeichen. In
Weihenstephan (Prof. Dr. Kiermeier und Prof. Dr. Fischer) und speziell in
Veitshöchheim (Dr. Kolb und Dipl.-Ing. Schwarz) konzentriert man sich auf
trockenheitsresistente, kompaktwüchsige Pflanzen, die ohne stationäre
Beregnungsanlage auskommen. Ziel ist es ein weites Artenspektrum zu
erhalten, um standortgerecht arbeiten zu können.
"Durch artenreiche Pflanzungen sollte der
Standort "Steilwall" lebendig gestaltet werden, denn es gilt für diesen
Extrembereich das gleiche Prinzip, wie bei allen anderen Pflanzplätzen: "Je
artenreicher die Vegetationsgesellschaft, um so stabiler wird sie."
(SCHWARZ, 1994)
In Veitshöchheim wird vermehrt der Einsatz
von Stauden versucht, diese können zur Erweiterung des Artenspektrums
sinnvoll sein.
Kiermeier und Fischer nennen 1990 Ligustrum
vulgare 'Atrovirens Kompakt', Ribes alpinum für Nordseiten, sowie
Zwergweiden. 1993 wird diese Liste erweitert und konkretisiert,
- durch die heimischen Arten und deren
Sorten: Amelanchier ovalis, Clematis recta,
cytisus nigricans 'Cyni', Ligustrum vulgare 'Lodense', Lonicera xylosteum
'compacta', Rosa avensis, Rosa gallica, Rosa scabriuscula und Salix
purpurea
'Pendula',
- durch die Gebrauchs- und Ziergehölze:
Buddleja davidii 'Nanho Blue', Clematis x
jouiniana 'Praecox', Cornus stolonifera 'Kelsey's Dwarf', Lycium barbarum,
Potentilla fruticosa 'Goldteppich', Potentilla fruticosa 'Jolina',
Spiraea betulifolia,
Spiraea billardii 'Triumphans', Spiraea decumbens, Syringa meyeri 'Jose',
- und sogar durch einige immer- und
wintergrüne Gehölze: Buxus sempervirens
'Valdar Valley', Hypericum androsaemum 'Orange Flair', Ligustrum vulgare
'Lodense', Mahonia aquifolium 'Apollo' und Mahonia aquifolium 'Smaragd'.
Eine umfangreichere und detailliertere
Pflanzenliste betreffs Risiko-Bewältigung, Erscheinungsbild, Exposition und
Lage lieferte bereits 1981 Remlinger.
Pflegemaßnahmen - ein nicht zu
unterschätzender Kostenfaktor
Wie bei allen Pflanzungen richtet sich der
notwendige Pflegeaufwand nach der Qualität der Pflanzenauswahl. Ist die
Pflanzenauswahl standortgerecht, verringert sich der Pflegeaufwand immens.
Dies ist bei der Planung bereits zu
bedenken, denn ein hoher Pflegeaufwand ist später ein Argument gegen die
Errichtung von Steilwällen und ein Argument für rein technische
Lärmschutzbauwerke.
Der Pflegeaufwand steigt durch zusätzliche
Bewässerungen, sei es von Hand oder durch eine künstliche Bewässerungsanlage
(Betriebs-, Instandhaltungs- und Wartungskosten), durch Nichtbeachtung des
Lichtraumprofils der Straße, bzw. häufigen Rückschnitt und auch durch
Behinderungen bei den Pflegemaßnahmen, bedingt durch die Konstruktion. Das
meint, dass es schwierig ist einen Rückschnitt durchzuführen oder die
Entfernung von ungewolltem Wildkrautaufwuchs erschwert wird, weil die Anlage
schlecht begehbar ist oder es gar zusätzlicher Hilfsmittel (Hebebühne)
bedarf zur Durchführung der Pflegemaßnahmen.
Die Fertigstellungspflege dauert in der
Regel ein Jahr. Der Anbieter der vegetativen Lärmschutzwand 'Salix Limes'
übernimmt freiwillig fünf Jahre Gewährleistungspflege (SCHEER, 1993/3)
Bei der Unterhaltungspflege kommt
erschwerend hinzu, dass sie zum Teil unsachgemäß durchgeführt wird, da das
Personal der mit der Pflege beauftragten Straßenbehörden nicht immer
gärtnerisch ausreichend qualifiziert ist.
Es sind Fälle bekannt, bei denen die
Salzbelastung durch Überdüngung die Salzbelastung durch Auftausalze bei
weitem Überstieg ( KUNTSCHER, 1994 und LAMBRECHT, 1994).
Der Pflegeaufwand kann nur verringert
werden, durch eine standortgerechte Pflanzenauswahl und die Errichtung
pflegeleichter Steilwallkonstruktionen, die auch vegetationstechnischen
Anforderungen genügen.
Die Gestaltung der Stützkonstruktion
Die Gestaltung der Stützkonstruktion sollte
mit zunehmendem Alter der Anlage an Bedeutung verlieren, da dann die
Gestaltung durch die Pflanzen übernommen wird, zumindest in den
Sommermonaten. Für den Winteraspekt ist die Gestaltung der Anlage in Form
und Farbe so lange von Bedeutung, bis auch das Geäst der Pflanzung in der
Lage ist, die künstliche Stützkonstruktion zu verdecken.
Deshalb sind auch in diesem Bereich die
RSL-90, bzw. die Empfehlungen für die Gestaltung von Lärmschutzanlagen an
Straßen von 1985, herausgegeben von der Forschungsgesellschaft für Straßen
und Verkehrswesen, zu beachten. Darin wird empfohlen, in natürlichen oder
naturnahen Materialien, Formen und Farben zu arbeiten. Dies bedeutet, die
Wälle sollen in ruhigen Formen gearbeitet sein und als Farbspektrum sollten
eher unauffällige Rotbraun- bis Braunbeigetöne oder Grüntöne gewählt werden.
Einteilung der Steilwälle nach der Art der
Konstruktion, mit Hinweisen zu schalltechnischen und vegetationstechnischen
Eigenschaften
Die Hersteller versuchen über verschiedene
Systeme den Anforderungen, die an Steilwälle gestellt werden, gerecht zu
werden. In den meisten Fällen stehen dabei schalltechnische Überlegungen und
die statische Sicherheit im Vordergrund.
Die Entwicklungen auf dem Steilwallmarkt hat
in den letzten Jahren zwar immer neue Produkte hervorgebracht, jedoch lagen
die Unterschiede mehr auf der Seite der Materialverwendungen und
Materialkombinationen, so dass sich auch heute noch fast alle auf dem Markt
befindlichen Produkte einem der vier Systemtypen zuordnen lassen , die Krell
vor 15 Jahren zusammenstellte.
Einzig das Gitter - Korb - System kann als
neuartige Konstruktion eingestuft werden, obwohl auch bei diesem etliche
Elemente aus verschiedenen bereits bekannten Systemen wieder auftauchen. Neu
ist aber ist aber die Vereinigung dieser Elemente auf einem System.
Im folgenden werden die einzelnen Systeme
vorgestellt, mit ihren schalltechnischen Eigenschaften und Anmerkungen zu
ihren vegetationstechnischen Eigenschaften.
Das Stützregal- oder Stützwabesystem
"Bei diesem Stützsystem ruht das Füllmaterial (...) auf horizontalen oder
nahezu horizontalen Tragebenen. Diese Tragebenen können (...) Böden am Rande
des Steilwalles (Regal) oder durch schalldicht aufeinander gestapelte Rohre,
deren äußere Form rechteckig oder sechseckig (Wabe) ist, sein.
(...) Die Verdichtung der Steilwallfüllung wirft bei Wabensystemen Probleme
auf." (KRELL)
Der Anteil an schallharter Oberfläche ist bei diesem System sehr niedrig,
sodass sie als sehr gut und hochabsorbierend eingestuft werden.
Ihre vegetationstechnische Eignung muss bezweifelt werden, da sie neben
einer fast 100%ig vertikalen Öffnung, einen sehr großen Regenschatten
überliegender Etagen und eine schräge Regenaufnahmefläche vorweisen.
Erschwerend hinzu kommen noch die Probleme bei der Verdichtung, die
Wurzelabrisse nach sich ziehen.
Das Stützbohlsystem
Durch Stützbohlen wird dem Füllmaterial seitlicher Halt gegeben, dadurch
vergrößert sich der Anteil an schallharter Oberfläche im Vergleich zum
vorgenannten System.
Es sind aber auch in diesem System gearbeitete Produkte auf dem Markt, die
den Anforderungen der Schalltechnik entsprechend als hochabsorbierend
eingestuft wurden.
Vegetationstechnisch betrachtet muss aber auch hier Skepsis angebracht sein,
denn bei diesem System liegen große Flächen im Regenschatten überliegender
Etagen, was es den Wurzeln erschwert bis in den Erdkern vorzudringen,
zusätzlich wird auch hier mit einer schrägen Regenaufnahmefläche gearbeitet,
wodurch die tatsächlich zur Verfügung stehende Wassermenge stark reduziert
wird. "Wichtig bei diesem System ist eine ausreichende Neigung der Seiten
(...). Allzu steile Systeme stellen nicht mehr als eine Betonwand dar, in
deren Fugen höchstens trockenheitsresistente Kräuter und einjährige Arten
eine Chance haben."(BISCHOFF, 1989)
Das Stützkäfigsystem
Bei diesem System wird um das Füllmaterial in eine Stützmatrix gegeben, um
den erwünschten steilen Böschungswinkel zu erzielen. Durch die sich nach
oben verjüngende Form kann es leicht zu Verdichtungsproblemen kommen. Ein
späteres Nachfüllen bei diesem System ist schwierig.
Durch den hohen Oberflächenanteil an nicht schallharten Materialien, sind
die heutigen Produkte auf dem Markt hochabsorbierend.
Sie verfügen über ein sehr ungünstiges Verhältnis der Basisfläche zur
Verdunstungsfläche, was besonders an Süd- und Ostseite zu erheblichen
Trockenheitsproblemen führen dürfte. Ebenfalls nachteilig ist die schiefe
Regenaufnahmefläche zu bewerten. Ein vegetationstechnisches Plus liegt
allerdings in der direkten Anbindung des Wurzelraumes an den Erdkern,
außerdem entsteht kein Regenschatten durch überliegende Etagen. Auch bei
Stützkäfigsystemen ist es wichtig einen nicht zu steilen Böschungswinkel zu
wählen. Bei zu steilem Winkel gilt das gleiche, wie für Stützbohlensysteme.
Das Bottich- oder Röhrenstapelsysteme
Bottiche oder Röhren (Bottiche ohne Boden) werden versetzt übereinander
gestapelt. Es entstehen Steilwälle, die durch die meist runde Form der
Bauelemente, eine extrem starke Plastizität und Unruhe in der Mauerfläche
erhalten. Durch den hohen Anteil an schallharter Oberfläche besitzen sie
schalltechnisch betrachtet die schlechtesten Eigenschaften der vier
Steilwallsysteme und werden zumeist als reflektierend bis absorbierend
eingestuft.
Von der vegetationstechnischen Seite aus betrachtet muss man differenzieren
zwischen Bottich- und Röhrenstapelsystemen. Während Bottichstapel aufgrund
ihres abgeschlossenen Wurzelraumes als ungeeignet für Steilwälle betrachtet
werden müssen, haben Röhrensysteme mit Ihren Bodenanschluss einige Vorteile
gegenüber den übrigen drei Systemen. Wichtig ist allerdings die ausreichende
Größe der Röhre bzw. des Wurzelraumes, ist dies nicht der Fall, ist die
Gefahr des totalen Austrocknens groß.
Vorteile der Stapelsysteme sind die waagerechte Regenaufnahmefläche, es
entsteht kein Regenschatten durch überliegende Etagen und ein günstiges
Verhältnis der Basisbreite zur Verdunstungsfläche.
Das Gitter-Korb-System
Dieses System wird bei Krell im "Handbuch für Lärmschutz an Straßen und
Schienenwegen" aus dem Jahre 1980 noch nicht genannt. Es ist eine
Weiterentwicklung und vereint verschiedene Elemente und Vorteile der unter
2., 3., und 4. beschriebenen Systeme.
Selbsttragende, verzinkte Drahtgitterkörbe (ähnlich Gabionen) werden in nach
oben abgestufter Bauweise übereinander gestapelt. Die Flankensicherung
geschieht durch ein Vlies. Schalltechnisch wird dieses System als
hochabsorbierend eingestuft, wegen des nur sehr geringen Anteils an
schallharter Oberfläche.
Vegetationstechnisch fällt die horizontale Regenaufnahmefläche, sowie die
direkte Verbindung zum Erdkern positiv auf. Der entscheidende Faktor bei
diesem System ist allerdings das Vlies. Es entscheidet über
Vegetationstauglichkeit oder Untauglichkeit. Die Frage ist, ob das Vlies
verdunstungshemmend ist oder nicht, hieraus ergibt sich ein sehr gutes oder
sehr schlechtes Ergebnis für die Vegetation.
Unterschiedliche Baustoffe für die
Steilwallkonstruktion sowie exemplarisch die jeweiligen Anbieter
Die Bundesanstalt für Straßenwesen
unterscheidet derzeit in vier Baustoffgruppen, die zur Anwendung im
Steilwallbau gelangen:
1.) Stahl / Erde - Systeme
Anbieter sind zum Beispiel:
- MOWI GmbH / 48143 Münster
- Rothfuss GmbH / 71282
Hemmingen
- Werler Drahtwerke GmbH / 59446 Werl
2.) Beton / Erde - Systeme
Anbieter sind zum Beispiel:
- BKN GmbH / 92318 Neumarkt
- Ehl Beton GmbH / 56642 Kruft
- Evergreen GmbH / 74072 Heilbronn
3.) Holz / Erde - Systeme
Anbieter sind zum Beispiel:
- Salix Limes Vegetative Bausysteme GmbH / 13597 Berlin
- Karl Schlüter KG / 27339 Riede
4.) Kunststoffrecycling / Erde - Systeme
- BMS - System Vertriebszentrale / 82041 Oberhaching
- Lüft GmbH / 55257 Budenheim
Es könnten auch noch weitere
Unterscheidungen gemacht werden, so bietet zum Beispiel die Firma Textomur /
58300 Wetter eine Baustoffkombination aus Geotextilien / Stahl und Erde an,
dies wird jedoch von der Bundesanstalt zu den Stahl / Erde - Systemen
gezählt.
Anforderungen an die Standsicherheit - das
Fundament
Neben den Anforderungen der Schalltechnik
und denen der Vegetationstechnik muss ein Steilwall auch die Anforderungen
an die Standsicherheit gewährleisten. Diese hängt zum einen von der
Konstruktion selber ab. Gerade am Anfang der Steilwallentwicklung waren
Konstruktionen auf dem Markt, die aufgrund von Baufehlern oder
Konstruktionsfehlern zusammengebrochen sind. Zum anderen sind Art und
Dimensionierung der Fundamentierung entscheidend für die dauerhafte
Standsicherheit. Je nach Fabrikat sieht das vorgesehene Fundament anders
aus. Im Bereich der Steilwälle findet man alle Arten von Fundamenten: vom
massiven Betonfundament, über das Streifenfundament aus Beton oder
Mineralschotter bis hin zur fundamentlosen labilen Bauweise. Entscheidend
ist, dass die Fundamentierung in Art und Umfang den DIN-Normen für
Gründungs- und Standsicherheit entsprechen. Es kommen folgende DIN-Normen
zur Anwendung:
- DIN 1054 Baugrund; zulässige Belastung des
Baugrundes
- DIN 1055 Lastannahmen für Bauten
- DIN 4084 Baugrund; Gelände- und
Böschungsberechnungen
Der Markt und die durchschnittlichen Kosten
einer Steilwallanlage
Es gibt in der Bundesrepublik Deutschland im
Jahre 1993 an Bundesfernstraßen insgesamt nur rund 30km Lärmschutz durch
Steilwälle, das sind 1,6% der lärmgeschützten Fläche. Dieser überschaubare
Marktanteil wird zur Zeit aufgeteilt unter 22 beim Bundesamt für
Straßenwesen registrierte Anbieter.
Hinzu kommen noch Anwendungen an
landeseigenen und kommunalen Straßen, sowie im privaten Bereich. Für dieses
Gebiet liegen leider keine konkreten Zahlen vor. Man kann aber auch hier von
einem geringen Marktvolumen ausgehen und von einem ähnlich niedrigen
prozentualen Anteil der Steilwälle von nur 1,6% im Vergleich zu Erdwällen
(24,8%) und Wänden (63,6%).
Betrachtet man die Bundesländer, entfallen
56,6% der Marktanteile allein auf Nordrhein - Westfahlen, weitere 25,6% auf
das Saarland (13,3) und Baden - Württemberg (12,3). Die restlichen 17,8%
teilen sich in kleinen Anteilen auf die übrigen 13 Bundesländer auf.
Insgesamt gibt es bis 1993 an deutschen
Bundesfernstraßen 126816m² durch Steilwälle schallgeschützte Fläche. Diese
Fläche verursachte Kosten in Höhe von 82,21 Mio. DM, in einem Zeitraum von
12 Jahren. Das entspricht 6,85Mio. DM/a.
Daraus ergeben sich durchschnittliche Kosten
von 648,00 DM / m² schallgeschützte Fläche. Das ist rund 25% mehr Kosten als
beim Lärmschutz durch Wände.
Vegetationstechnik
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